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Wilfried Veeser

PEP4Teens

Das Positive Erziehungs-Programm

für Eltern von Kindern

zwischen 12 und 17 Jahren

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Inhalt

Vorwort

Das können Sie von PEP4Teens erwarten Was PEP4Teens auszeichnet

Was PEP4Teens leistet

Was PEP4Teens nicht leistet

Wie Sie mit diesem Buch arbeiten

Vorgestellt: Familie Fink und Familie Lutz

Teil I: Positive Erziehung – die Grundlagen

Was Sie in dieser Einheit erwartet

Herausforderung Pubertät: Teenager verstehen lernen

Kapitel 1: Sieben Basics wirksamer Elternschaft

Kapitel 2: Fähigkeiten fürs Leben erwerben

Kapitel 3: Ursachen für Verhaltensprobleme

Kapitel 4: Ziele setzen für Teenager und Eltern

Kapitel 5: Verhalten beobachten und verstehen lernen

Jetzt wird’s konkret: Schritte zur Umsetzung

Teil II: Positive Beziehungen aufbauen

Was Sie in dieser Einheit erwartet

Kapitel 6: Bausteine für eine positive Beziehung

Kapitel 7: Stärken, was bereits gelingt

Kapitel 8: Mut machen zu neuem Verhalten

Kapitel 9: Werte, Überzeugungen, religiöse Orientierung

Jetzt wird’s konkret: Schritte zur Umsetzung

Teil III: Umgang mit problematischem Verhalten

Was Sie in dieser Einheit erwartet

Kapitel 10: Tragfähige „soziale Verträge“ aushandeln

Kapitel 11: Familienkonferenzen durchführen

Kapitel 12: Strategien für schwierige Situationen

Kapitel 13: Launen des Teenagers überstehen – wie gelingt das?

Jetzt wird’s konkret: Schritte zur Umsetzung

Teil IV: Stressmanagement

Was Sie in dieser Einheit erwartet

Kapitel 14: Für sich selbst sorgen

Kapitel 15: Vergeben – eine Grundlage für gelingende Beziehung

Kapitel 16: Risiken erkennen und vermeiden

Kapitel 17: Telefon-Coaching nutzen

Jetzt wird’s konkret: Schritte zur Umsetzung

Wie geht es jetzt weiter?

Kontakt mit dem Autor

Anhang

Anleitung zum Telefon-Coaching

Was erwartet mich beim PEP4Teens-Elterntraining?

Teenagerzeit – Hintergründe und Informationen

Selbsteinschätzungshilfe: Wie (er)lebe ich meine religiösen Überzeugungen?

Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes zu Ausgehzeiten und Konsum von Alkohol und Tabak

Anmerkungen

Literaturhinweise

Verzeichnis der Übungen

Übungen und Kopiervorlagen

Vorwort

Sie haben Zoff mit Ihrem Sohn, Krach mit Ihrer Tochter und Streit mit Ihrem Partner über die richtige Methode der Erziehung Ihrer Kinder?

Sie sind allein erziehend und fühlen sich oft überfordert im Umgang mit Ihrem pubertierenden Nachwuchs?

Sie sind hauptberuflich oder ehrenamtlich mit der Erziehung von Jugendlichen beauftragt und sind auf der Suche nach Anregungen?

Dann sind Sie hier richtig. Wir als PEP4Teens-Team machen Ihnen Mut: Es gibt Hoffnung.

Wissenschaftler und engagierte Pädagogen bestätigen, was wir als Trainer in unseren Elternkursen gerne und mit großer Überzeugung weitergeben:

Teenager lassen sich erziehen!

Wir haben vielfach erfahren: Lernbereite Eltern können gelingende Beziehungen zu ihren Teenagern aufbauen und diese auch in der schwierigen Zeit des Umbruchs und Aufbruchs erhalten. Selbst wenn sie das in den ersten Jahren nach der Geburt ihrer Kinder versäumt haben.

Das gilt übrigens auch für Erzieher, Betreuer oder Lehrkräfte.

Wie das möglich ist, darum geht es in diesem Buch. Es begleitet Sie bei den nächsten Schritten auf dem Weg zu den Zielen, die Sie sich selbst erarbeiten und wählen. Und es bietet Ihnen sofort anwendbare und in der alltäglichen Praxis erprobte Tipps für Ihren Umgang mit Teenagern – seien es die eigenen oder die, mit denen Sie beruflich oder im Ehrenamt zu tun haben.

Ich bin mir sicher: Wenn es uns Erwachsenen gelingt, eine gute Beziehung zu den uns anvertrauten Teenagern aufzubauen, macht ihnen dies Lust aufs Leben und hilft ihnen bei der Bewältigung der notwendigen Entwicklungsschritte.

Die Zeit der Pubertät hat es in sich

Sie als Eltern stehen zumeist in der Lebensmitte mit allen Umbrüchen und Krisen, die diese Lebensphase für Sie selbst mit sich bringt. Gleichzeitig befinden sich Ihre Teenager im Übergang von der Kindheit ins junge Erwachsenenalter. Vielleicht haben Sie das Gefühl, dass Ihnen viele Dinge entgleiten, dass Sie Ihren Einfluss auf die Entscheidungen Ihrer Kinder verlieren. Vielleicht sind Sie verunsichert, welche Aufgaben sich für Sie als Eltern jetzt stellen. Eine wirklich stressige Lebensphase, in der Sie sich nach mehr Ruhe, Unterstützung, „geordneten Bahnen“ und weniger Konflikten sehnen.

Einen wichtigen Schritt in diese Richtung haben Sie bereits getan: Sie informieren sich. Damit übernehmen Sie Verantwortung und stellen sich der Herausforderung. Sie suchen für sich selbst, für Ihren Partner und Ihre Teenager gangbare Wege zu einem weniger anstrengenden Umgang miteinander. Das positive Erziehungsprogramm PEP4Teens unterstützt Sie dabei mit Informationen, Tipps, anschaulichen Beispielen und praktischen Übungen.

Viele Hinweise und Ideen bei seiner Entwicklung haben mir nicht Lehrbücher, sondern meine eigenen Teenager gegeben: Sieglind, Kerstin, Meike und Jens. Ihnen sei Dank gesagt, dass sie manches Erziehungsexperiment ihrer Eltern ertragen haben. Und ohne meine geduldige Frau, Wegbegleiterin und kritische Gesprächspartnerin Dorothea hätte viel graue Theorie nicht den Weg in den praktikablen Erziehungsalltag gefunden. Ebenso danke ich meinem Schwager Holger Seitz, selbst Vater von sieben Kindern, für sein konstruktives Feedback und die Mithilfe bei den Texten und Beispielen. Schließlich sei mit großem Dank Renate Hübsch erwähnt. Durch ihre Art, sich einzudenken und zu lektorieren, hat sie wichtige Impulse zur Ausgestaltung dieses Buches beigetragen.

Nun wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen, Mut und Erfindungsreichtum beim Anwenden und schließlich die beglückende Erfahrung einer tragfähigen Beziehung zu Ihren Teenagern.

Ihr

Wilfried Veeser

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Das können Sie von PEP4Teens erwarten

Was PEP4Teens auszeichnet

Zum besonderen Profil des Positiven Erziehungs-Programms PEP4Teens gehört, dass es l anerkannte pädagogische und psychologische Einsichten zusammenfasst und für einen praktikablen Erziehungsalltag auf den Punkt bringt,

der gelingenden Beziehung Vorrang gibt vor Erziehungsmethoden,

Mut macht, sich den Herausforderungen im Umgang mit Teenagern zu stellen,

realistische Wege aus der Hilflosigkeit im Umgang mit Teenagern ermöglicht,

durch Beispiele und Übungen schult, die Initiative im Erziehungsalltag zurückzugewinnen,

bewusst die Bedeutung von Sinnfragen, Werten und religiösen Überzeugungen in der Erziehung anspricht,

aus christlicher Grundüberzeugung zu einer Kultur des Verzeihens als wichtigem Beziehungsfaktor anleitet (denn bei den rasanten Entwicklungen in der Teenagerzeit bleiben Verletzungen auf beiden Seiten nicht aus),

Erziehende und Teenager zu Partnern macht, die gemeinsam Ziele und Schritte erarbeiten und anschließend auch umsetzen,

Fähigkeiten der Teenager fördert und Kreativität der Erwachsenen anregt,

den Erziehenden Hoffnung gibt, eines Tages mit Stolz darauf zurückblicken zu können, wie sie die herausfordernde Teenagerzeit mit ihren Kindern gemeinsam gemeistert haben.

Was PEP4Teens leistet

PEP4Teens hilft Eltern, Alleinerziehenden und beruflich oder ehrenamtlich Erziehenden, die Initiative im Erziehungsalltag zurückzugewinnen.

PEP4Teens beschäftigt sich mit den Fragen:

Was bedeutet es psychisch, wenn ein Kind die Pubertät durchlebt?

Wie müssen sich dementsprechend Einstellung und Verhalten der Eltern und Erzieher verändern?

Ziel und Vision von PEP4Teens: Aus „unmöglichen“ Eltern und aus „stressigen“ Teenagern werden Gefährten, die sich gegenseitig schätzen lernen und die einander auch nach der anstrengenden Pubertätszeit noch gern begegnen.

Erziehung ist möglich

Sie können Ihr Verhältnis zu Ihrem Teenager verbessern. Es ist möglich, Kinder im Teenageralter zu erziehen. Wir glauben nicht, dass mit PEP4Teens alle Probleme im Handumdrehen verschwinden. Doch dieses Buch stellt Ihnen plausible Wege und konkrete Schritte vor, wie Sie die Erziehung Ihrer Teenager positiv gestalten können. Sie werden sich zunehmend der Aufgabe gewachsen fühlen, Ihre Kinder zu selbstständigen Entscheidungen anzuleiten und ihnen Eigenständigkeit und Verantwortlichkeit zu ermöglichen. Dies ist für Eltern eine Herausforderung – gerade in der Pubertätszeit der Kinder. Diese Herausforderung anzunehmen ist zugleich eine der größten und sinnvollsten Aufgaben, die man sich denken kann.

Positive Beziehung schaffen

Gewiss kann man das Verhalten von Teenagern nicht per Befehl oder Gehorsamsforderung verändern – dies war schon schwierig, als Ihr Kind kleiner war. Doch der wichtigste Schlüssel für eine gelingende Erziehung liegt in Ihrer Hand, in Ihrem Herzen: die positive Beziehung zu Ihrem heranwachsenden Kind. Es ist Ihre Entscheidung, an dieser Aufgabe zu wachsen und Ihre erzieherischen Möglichkeiten zu erweitern. Je mehr Sie bereit sind, sich selbst zu verändern und dazuzulernen, desto effektiver wird die Erziehung – und dies wird sich auf Ihre Teenager positiv auswirken.

Mit Begeisterung ganzheitlich erziehen

PEP4Teens lädt Eltern und Erziehende ein, die Erziehungsaufgabe an den Teenagern ganzheitlich anzugehen. Es nimmt bewährte Inhalte und Ziele christlicher Erziehung auf und führt sie weiter. Wer begeistert erzieht, ist mit allen Sinnen beteiligt. Viel mehr als Methoden überzeugen Wertschätzung und Echtheit des Erziehenden. Eltern, die einschätzen lernen, wo sie stark sind und wo schwach, wo sie erfolgreich handeln und wo sie Mühe haben, Eltern, die lernen, zu ihren Fähigkeiten und zu ihren Fehlern zu stehen – solche Eltern sind für Teenager glaubhaft. Und authentisches Leben steht bei jungen Menschen hoch im Kurs. Selbst Fehler können sie dann verzeihen, weil sie spüren, dass es ihre „Vorgesetzten“ ehrlich meinen. Eine solche Haltung kann – gerade dann, wenn es um Werte oder auch Glaubensfragen geht – Jugendliche begeistern und überzeugen.

Wie finden Eltern und Erzieher zu dieser inneren Ehrlichkeit und Gelassenheit? Indem sie sich der Weisheit, den Grundregeln des Miteinanders, ja dem Leben selbst anvertrauen. Dies ist eine Form von Glauben: Das Zutrauen, dass es gut wird, dass es auch die Teenager in aller Regel gut meinen und richtig machen wollen.

„Glauben heißt, durch den Horizont blicken“, sagt ein afrikanisches Sprichwort. Glauben heißt, hinter die Zusammenhänge des Lebens zu schauen. Diese Weitsicht – wenn Sie mir als Pfarrer diese Bemerkung gestatten – kann sehr entlasten und zur Gelassenheit beitragen – gerade in der Begegnung mit Teenagern. Dann steht man mit Schwierigkeiten und offenen Fragen nicht allein da, sondern weiß für sich sogar Gott im Bunde.

Elternkompetenz in anderen Lebensbereichen nutzen

Wussten Sie, dass Sie sich mit dem Erwerb von Elternkompetenzen auch Bausteine für die berufliche Karriere erarbeiten? Diesen „Spillover-Effekt“, also das Hinüberschwappen Ihrer Elternkompetenz in den Berufsalltag oder andere Lebensbereiche, sollten Sie nutzen.

Treffend sagt eine Mutter im Werbespot auf die Frage nach ihrer beruflichen Tätigkeit: „Ich führe ein sehr erfolgreiches kleines Familienunternehmen.“ Gemeint ist damit die Bewältigung eines Familienalltags mit drei Kindern und Ehemann.

Und in der Tat! Unternehmer, öffentliche Arbeitgeber und Institutionen entdecken zunehmend die Elternkompetenz als Nutzen für ihre Personalentwicklung und als Kriterium für Personaleinstellungen. Das WorkLife-Institut (Darmstadt) und das Deutsche Jugendinstitut (München) haben Methoden entwickelt, die Auswirkungen der Elternkompetenz für Unternehmen sichtbar zu machen und den Effekt zu optimieren.

Berufliche Karriere durch den Spillover-Effekt bedeutet: Gewinnen Sie durch Ihr Elternsein zusätzliche berufliche Kompetenzen in den Bereichen von Organisation, Stressbewältigung, Flexibilität und Verantwortungsbewusstsein, vor allem aber im sozial-kommunikativen Bereich. Ihr Chef sollte wissen: Es hilft ihm, wenn Sie daheim trainieren.

Was PEP4Teens nicht leistet

Auf spezifische körperliche Entwicklungsschritte, die Teenager durchleben, geht das Positive Erziehungsprogramm nicht ein. Zu diesem Thema gibt es ausreichende und leicht zugängliche Literatur.

PEP4Teens ist auch kein Fachseminar für den Umgang mit psychopathologisch auffälligen Kindern. Diese benötigen neben den sieben Basics und den vorgeschlagenen Wegen zusätzliche Hilfe durch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und/oder Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Für solche Situationen kann ein Kinder- oder Hausarzt entsprechende Kontakte und Fachleute nennen.

Wie Sie mit diesem Buch arbeiten

Das Ziel erreichen: Allein oder gemeinsam lernen

Dieses Buch lässt sich auf vier Arten effektiv nutzen:

1. Sie lesen es und informieren sich damit über wirksame Erziehungs-Grundsätze im Umgang mit Teenagern.

2. Sie arbeiten es zu Hause durch. Entweder gemeinsam mit Ihrem Partner, Ihrer Partnerin oder – sollten Sie allein erziehend sein – zusammen mit der Person, die Sie in Ihrer Erziehungsaufgabe unterstützt. Die Übungen und Aufgaben helfen Ihnen dabei, das Gesagte in Ihre ganz persönliche Situation zu übertragen, Ihre persönlichen Schwerpunkte festzulegen und gezielt umzusetzen.

3. Sie schließen sich mit zwei oder drei anderen Eltern oder Kollegen zusammen, die ebenfalls Kinder im Teenageralter haben oder betreuen, und arbeiten das Programm gemeinsam durch. Dies bietet Ihnen die Chance, sich in einem größeren Kreis über Fragen der praktischen Anwendung auszutauschen und miteinander zu lernen.

4. Die optimale Nutzung von PEP4Teens erfolgt in einem PEP4Teens-Elterntraining. Hier werden die PEP4Teens-Inhalte vorgestellt und direkt geübt. Der persönliche Kontakt zum PEP4Teens-Trainer und anderen Eltern motiviert, konsequent an den eigenen Erziehungszielen zu arbeiten.

Wie Sie die Inhalte des PEP-Programms durch die Teilnahme am PEP4Teens-Elterntraining und Telefon-Coaching noch intensiver nutzen können, erfahren Sie im Anhang ab Seite 144f. und 147f.

Das Ziel erreichen: Welcher Lernweg bringt mir den größten Nutzen?

Eigentlich ist es ganz einfach: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es! Vielleicht haben Sie schon etliche Vorträge über Kindererziehung gehört oder das eine oder andere Erziehungsbuch gelesen. Sie haben viele Ideen und Anregungen entdeckt. Doch – hmmm. Was ist davon geblieben? Vieles haben Sie vergessen. Nur wenige einprägsame Dinge haben Sie behalten. Und was haben Sie davon umgesetzt – so, dass es Ihren Alltag verändert hat?

Menschen lernen sehr unterschiedlich. Und was sich dauerhaft einprägt, hängt auch davon ab, was für ein Lerntyp Sie sind.

Typ 1: Ich lerne durch Einsicht am besten und setze Erkenntnisse gleich um

Dann gibt Ihnen bereits die Lektüre dieses Arbeitsbuches oder aber der Besuch einer Informationsveranstaltung über PEP4Teens viele Impulse. Termine solcher Veranstaltungen erfahren Sie im Internet unter www.pep4teens.de. Sie haben schon Wege gefunden, wie Sie das Erkannte umsetzen. Haben Sie aber Geduld. Es gibt viele Menschen, die anders lernen – vielleicht sogar Ihr eigener Partner.

Typ 2: Ich lerne gerne mit anderen zusammen und beobachte, wie es andere machen

Im Prinzip ist das eine prima Idee. Lesen Sie dieses Arbeitsbuch zusammen mit anderen im Kreis von Freunden, Kollegen oder in einem Hauskreis mit Paaren, die auch Kinder im Teenageralter haben. Tauschen Sie sich über Ihre Einsichten und neuen Erfahrungen aus. Seien Sie aber nicht enttäuscht, wenn Änderungen schwer fallen. Vielleicht gehören Sie ja doch zum 3. Lerntyp.

Typ 3: Ich lerne am besten, wenn ich das, was ich erkannt habe, auch praktisch umsetze, Rückmeldung bekomme und im Alltag unter Anleitung trainiere

Dann geht es Ihnen wie den meisten Menschen – auch mir selbst: Es geht nicht ohne Üben, Üben, Üben. Das ist zwar beschwerlich und manchmal „frustig“. „Das ist halt so“, sagte nach ein paar Tränen mein zweijähriges Enkelkind, als ihm ein daherfliegender Fußball eine dicke Lippe verpasst hatte.

Auf jeden Fall sind Sie beim PEP4Teens-Elterntraining völlig richtig. Sie werden im Gespräch mit anderen neue Wege entdecken. Sie gewinnen interessante Einsichten und noch besser: Sie kommen weiter, weil Sie plötzlich merken, wie Sie sich selbst verändern.

Vorgestellt: Familie Fink und Familie Lutz

Um die nachfolgenden Aufgaben und Entwicklungsschritte mit praktischen Beispielen zu verdeutlichen, stellen wir Ihnen an dieser Stelle zwei typische Familien mit Teenagern vor. Viele der folgenden Beispiele nehmen Situationen aus diesen beiden Familien auf.

Familie Fink

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Vater: Helmut, 42 Jahre alt, Holztechniker, leitet eine kleine Abteilung bei einem Küchenhersteller.

Mutter: Sonja, 39 Jahre alt, seit 16 Jahren Familienfrau, gelernte Bürokauffrau, hat früher als Sekretärin in Helmuts Firma gearbeitet.

Tochter: Anika Karoline (dieser Name kommt von der Großmutter mütterlicherseits her, alle sagen aber nur Anika), 15 Jahre alt, 9. Klasse, hat mit Mathe Schwierigkeiten, in Deutsch erntet sie ein Lob nach dem anderen. Ihre Hobbys: Lesen, was sie in die Finger bekommt, Mode (mit einem Hang zum Extravaganten – ihre Haare hat sie gerade passend zur Brille mit grünen Strähnen durchzogen). Alle paar Tage ruft ein anderer Verehrer an. Papa macht sich schon Sorgen, weil nicht nur er seine Tochter super findet.

Sohn: Jan Maximilian (von allen nur Jan genannt), 16 Jahre alt, 10. Klasse, hat Probleme in Englisch, in Mathe gehört er zu den fünf Klassenbesten. Seine Hobbys: Basketball, PC-Spiele. Ein echter Computer-Freak. Mädchen sind ihm momentan ziemlich egal. Mama schätzt seinen technischen Sachverstand. Da Papa selten Zeit hat, dübelt Jan die Regale an die Wand und wechselt die Birnen in den Lampen.

Familie Lutz

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Mutter (allein erziehend): Inge, 37 Jahre alt, seit acht Jahren geschieden, arbeitet mit 75 Prozent als Graphikdesignerin. Eigentlich wollte sie sich einst zusammen mit ihrem Mann ganz der Familie widmen. Aber es kam anders.

Sohn: Alexander, 13 Jahre alt. Ein stiller im Lande. In derber Weise wird er in der Schulklasse gemobbt und verspottet: „Hol doch deinen starken Vater!“ Hobbys hat er nur eins: Autos. Die findet er richtig cool und schmökert stundenlang in Fachmagazinen.

Tochter: Carmen, 12 Jahre alt. Hilft viel im Haushalt mit. Ihre beste Freundin ist leider vor einem Monat weggezogen. In der Schule klappt es ganz gut. Sie freut sich schon auf die 7. Klasse.

Wenn Sie beiden Familien kennen lernen wollen, können Sie die zum Buch gehörende DVD mit Szenen aus deren Alltag erwerben. Nähere Informationen entnehmen Sie dem Anhang (Seite 141).

Teil I: Positive Erziehung – die Grundlagen

Was Sie in dieser Einheit erwartet

Positive Erziehung braucht gelingende Beziehung und klare Prinzipien, Ziele und Kenntnisse über die Ursachen von Verhaltensproblemen. Sie lernen diese Begriffe kennen, wählen sich Ziele aus und setzen diese für sich selbst um. Sie erfahren Grundlegendes über die Entwicklung Ihres Kindes. Im Einzelnen geht es um folgende Aspekte:

Sieben Grundlagen effektiver Elternschaft – die 7 Basics

Diese sieben „Basics“ geben Ihrem Erziehungsverhalten einen „roten Faden“:

Verlässlich Eltern sein

Positive Beziehung fördern

Konsequenz

Die eigenen Werte leben

Auf sich achten

Sicherheit im Alltag gewährleisten

Realistisch bleiben

Es sind Grundbausteine, die Ihnen Orientierungshilfe bieten und es ermöglichen, auch in angespannten Stresssituationen planvoll zu handeln.

Fähigkeiten fürs Leben erwerben

Wer nicht weiß, wohin er will, muss sich nicht wundern, wenn er ganz woanders herauskommt – so lautet ein Sprichwort. Das gilt auch für die Erziehung von Teenagern. Gerade bei ihnen ist es wichtig, dass die Ziele zwischen allen Beteiligten klar abgesprochen sind. Die Eltern müssen für sich klären, was sie ihren Kindern vermitteln wollen. Dabei kann Ihnen die Frage helfen: „Welche allgemeinen Ziele für die Teenager sind wichtig?“ Miteinander reden und auskommen, zu sich selbst stehen können, Selbstständigkeit, Mündigkeit, kritisches und kreatives Denken gewinnen, den Umgang mit den eigenen Gefühlen lernen, Probleme selber lösen können – diese Grundfertigkeiten braucht Ihr Kind für ein selbstständiges Leben.

Ursachen für Verhaltensprobleme

Wenn es Probleme mit Teenagern gibt, sind Eltern schnell bereit, die Ursachen in äußeren Einflüssen zu suchen: in der Schule, bei Lehrern, Freunden der Kinder, in der Faulheit der Kinder, in den Medien wie Fernsehen, Computer & Co.

Doch nicht selten gibt es auch Ursachen, die auf das Verhalten der Eltern zurückgehen. Eltern geben ineffektive Aufforderungen oder missachten erwünschtes Verhalten, sie übersehen wichtige Bedürfnisse des Kindes oder vermitteln nicht genügend Orientierung.

Ziele setzen und das Verhalten beobachten

Hier wird es sehr konkret. Auf welches Ziel wollen Sie als Eltern oder Erzieher hinarbeiten? Dazu ist es nötig, Probleme zu benennen und Ursachen zu erfassen. In welchen Situationen scheitern Sie oft? Was passiert vorher und was passiert danach? Sie lernen, solche Problemsituationen genau zu beobachten.

Herausforderung Pubertät: Teenager verstehen lernen

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„Kleine Kinder, kleine Sorgen; große Kinder, große Sorgen.“ So lautet ein Sprichwort, das die Erfahrung vieler Eltern mit ihren Teenagern zusammenfasst. Zwar war die Zeit, als die Kinder klein waren, auch nicht einfach. Die Nächte waren kurz oder mehrfach unterbrochen, als das Baby schrie. Das Bezahlen an der Supermarktkasse konnte zur Tortur werden, wollten die Eltern den Wettkampf mit den vielen Lutschern, Kaugummis und anderen Süßigkeiten kurz vor dem Mittagessen gewinnen. Auch Verhaltensauffälligkeiten kosteten Nerven, wenn Hyperaktivität das Verhalten des Kindes prägte oder Teilleistungsschwächen die Hoffnung auf eine ideale Schulkarriere der Kinder zunichte machten. Insgesamt wird die Zeit bis zum Alter von zwölf Jahren jedoch von vielen Eltern als positiv erlebt. Nerviger Stress und Glück in der Begegnung mit den Kindern halten sich in der Regel die Waage.

Pubertät = Dauerstress mit den Teenagern?

Doch was Eltern nun mit ihrem werdenden Teenager erleben, stellt erlebtes Glück und die bisherige Sicherheit in Erziehungsfragen oft genug in Frage. Die Balance kann sich immer mehr in Richtung Dauerstress mit den Teenagern verlagern. Sogar die Ehezufriedenheit nimmt ab, der Haussegen hängt schief und der gute Rat der Großeltern oder lieber Freunde versagt. Was ist passiert?

Früher sagte der Vater: „Hol’ bitte den Sprudel aus dem Keller!“, und der Filius tat, worum der Vater ihn bat. Heute dagegen kommt als Reaktion auf dieselbe Bitte schon mal ein muffeliges: „Hol ihn doch selber!“ Das ist wie ein Schlag in die Magengegend. Spätestens jetzt ahnt dieser Vater, dass sich etwas Grundlegendes verändert hat. Entweder er resigniert: „Dann mach doch, was du willst – mir egal!“ Oder er greift zu Deftigem: „Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst, hast du zu tun, was ich dir sage! Ist das klar?“

Teenager einfach laufen lassen?

Manche Teenager rebellieren und entziehen sich dem Einfluss der Eltern ganz; andere passen sich „gehorsam“ an, entwickeln aber eine innere Gegenwelt. Ein Prozess, der für den Teenager oft nicht ohne Spätfolgen bleibt.

Umgekehrt gewähren manche Eltern ihren Teenagern scheinbar große Freiheit, lassen sie aber emotional nicht los. Bindungen an und Abhängigkeit von den Eltern bleiben so lange über die Volljährigkeit hinaus und bis ins mittlere Erwachsenenalter erhalten. Dann „regieren“ die Eltern in der jungen Ehe ihres ehemaligen Teenagers mit, was sich für das Paar sehr belastend auswirken kann.

Und es gibt Eltern und Erzieher, die ihre Teenager laufen lassen. Sie fühlen sich überfordert und hilflos, planvoll mit den geballten Entladungen von anstrengenden Gefühlen, der Unberechenbarkeit oder den verletzenden Verhaltensweisen ihrer Kinder umzugehen. „Augen zu und durch“ heißt dann die Devise. Irgendwie wird sich alles ändern. Doch eine Folge solcher Resignation ist, dass man sich entfremdet und die Trennung herbeisehnt.

PEP4Teens macht Mut, diese Beziehungsfallen zu erkennen und sie effektiv zu vermeiden.

Teenager hinterfragen ihre Eltern

Die relativ harmonische Zeit der Kindheitsjahre und die festen Strukturen in der Beziehungsgestaltung, etwa der klare und notwendige Vorrang des Elternwillens, kommen mit der Pubertät der Kinder zunehmend ins Wanken. Die Wünsche des Kindes verändern sich. Nun entwickelt es neue Bedürfnisse:

nach mehr Selbstständigkeit,

nach Akzeptanz im Sinne einer partnerschaftlichen Beziehung zu den Eltern,

nach Respekt gegenüber eigenen Weltdeutungen und Ideen,

nach mehr Gestaltungsfreiheit der persönlichen Lebensbereiche (Zimmer, Outfit, Schule, Freundeskreis etc.).

Fürsorgende und bestimmende Erziehungsmaßnahmen werden von Teenagern immer mehr abgelehnt und kritisch hinterfragt. Das Gefühl, den Eltern gehorchen zu müssen, nimmt stetig ab. Dafür wächst der Anspruch auf Selbstständigkeit unüberhörbar, auch wenn er in krassem Widerspruch zur wirtschaftlichen Realität steht. Die gewonnene gedankliche Kraft, das eigene Handeln und das der Eltern zu reflektieren, schafft neue Handlungs- und Reaktionsmöglichkeiten. Der Teenager grenzt sich zunehmend gegen die Eltern ab. Er setzt vermehrt auf seinen eigenen Willen und stellt vieles auch argumentativ in Frage.

„Wer hat Recht? Wer setzt sich durch? Wer bestimmt in diesem Haus? Nach welchen Regeln leben wir zusammen? Welche Freiräume gewähren wir einander?“ Machtkämpfe um diese Fragen führen zu Verletzungen auf allen Seiten. In Eltern erwecken sie nicht selten die Angst, sie seien mit ihren Erziehungsbemühungen auf ganzer Linie gescheitert.

Gegenseitiger Austausch ist wichtig

Nicht immer verstehen beide Elternteile gleichzeitig, dass jetzt ein grundsätzliches Umdenken im Erziehungsverhalten notwendig ist. Vielleicht entdeckt der Elternteil, der mit dem Teenager die meiste Zeit verbringt, zuerst, dass das inzwischen vielfach rebellische 13-jährige „Kind“ viel zugänglicher ist, wenn die Erwachsenen Verständnis zeigen, sich in die Lage des Kindes einfühlen und mit dem Teenager einen Plan zur Lösung von Konflikten aushandeln. Teenager wollen kritisch fragen können. Sie wollen den Sinn etwa ihrer Mitarbeit im Haushalt grundsätzlich klären oder offen halten („Ob ich da mithelfe, muss ich mir zuerst überlegen.“) oder wissen, warum sie wann zu Hause sein sollen.

Eltern machen dabei auch die Entdeckung, in welche Bereiche sie sich lieber nicht mehr direkt einmischen: das „Outfit“, die Frisur, der Ordnungsgrad im Jugendzimmer, der Freundeskreis – um ein paar Beispiele zu nennen. Wollen Eltern und Erzieher hier etwas erreichen, müssen sie indirekter vorgehen als zu der Zeit, in der die Kinder noch klein waren. Sie müssen diskutieren und verhandeln.

Grenzen miteinander aushandeln