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Sandro Göpfert

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40 Tage
mit Dietrich
Bonhoeffer

Ein Andachtsbuch

Bibelzitate folgen der Bibel nach Martin Luthers Übersetzung,
revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Zur Einführung in das Leben und Werk Dietrich Bonhoeffers finden Sie
im Internet von Peter Zimmerling:

Stationen auf dem Weg zur Freiheit:
Dietrich Bonhoeffers Leben
www.brunnen-verlag.de/
peter-zimmerling-dietrich-bonhoeffers-leben

Stationen auf dem Weg zur Freiheit:
Dietrich Bonhoeffers Werk
www.brunnen-verlag.de/
peter-zimmerling-dietrich-bonhoeffers-werk

© 2018 Brunnen Verlag Gießen
Umschlagmotiv: Wuttichok Panichiwarapun, shutterstock.com
Umschlaggestaltung: spoon design/Daniel Eschner
Satz: DTP Brunnen
ISBN Buch 978-3-7655-0992-6
ISBN E-Book 978-3-7655-7482-5
www.brunnen-verlag.de

Inhalt

Vorwort von Peter Zimmerling

Einleitung

Tag 1Christ sein

Tag 2Schöpfung

Tag 3Sünde

Tag 4Nachfolge

Tag 5Heiliger Geist

Tag 6Gottes Wort

Tag 7Bibel

Tag 8Gebet

Tag 9Arbeiten

Tag 10Gottesdienst

Tag 11Gemeinschaft

Tag 12Enttäuschungen

Tag 13Dankbarkeit

Tag 14Taufe

Tag 15Beichten

Tag 16Abendmahl

Tag 17Singen

Tag 18Schweigen

Tag 19Feinde

Tag 20Vergeltung

Tag 21Richten

Tag 22Leiden

Tag 23Not

Tag 24Identität

Tag 25Tragen

Tag 26Verantwortung

Tag 27Gebote

Tag 28Freiheit

Tag 29Leben

Tag 30Enthaltsamkeit

Tag 31Ehe

Tag 32Kinder

Tag 33Abwesenheit

Tag 34Morgen

Tag 35Abend

Tag 36Schlafen

Tag 37Sehnsucht

Tag 38Sorgen

Tag 39Abschied

Tag 40Geborgenheit

Anmerkungen

Vorwort

von Peter Zimmerling

Die Beliebtheit von Dietrich Bonhoeffer ist groß: In vielen Predigten tauchen Zitate von ihm auf und selbst in Reden US-amerikanischer Präsidenten im Deutschen Bundestag wird auf ihn Bezug genommen. Dabei geht es häufig um den politischen Bonhoeffer. Dass sein Engagement im Widerstand gegen Hitler geistliche Ursachen und Quellen besaß, ist vielen unbekannt.

Pfarrer Sandro Göpfert hat sich bereits in seinem Theologiestudium mit dem spirituellen Bonhoeffer beschäftigt. Ich erinnere mich noch gut an seine Examensarbeit über dessen Meditationsverständnis. Das vorliegende Buch von Göpfert ist aus jahrelanger Lektüre der Texte Bonhoeffers erwachsen, vor allem der Bücher „Schöpfung und Fall“, „Nachfolge“, „Gemeinsames Leben“ und „Das Gebetbuch der Bibel“. Alle vier Bücher sind in den letzten Jahren in gebundenen, schön gestalteten Ausgaben im Brunnen Verlag erschienen. Bonhoeffer hat in ihnen Rechenschaft gegeben, wie christlicher Glaube vom einzelnen Christen inmitten der Gemeinde unter den Bedingungen einer Diktatur gelebt werden kann.

Das Buch Göpferts leitet dazu an, sich mit den geistlichen Einsichten Dietrich Bonhoeffers auseinanderzusetzen, die bis heute herausfordern. Man muss sie wie guten Wein „verkosten“, um so richtig auf ihren Geschmack zu kommen. Der Autor hat dazu Texte Bonhoeffers zu vierzig Begriffen von „Gemeinschaft“ bis „Abschied“ herausgesucht. Auf Bonhoeffers Text folgt jeweils ein passender biblischer Bezugstext, dann ein erläuternder Kommentar, Fragen zur Vertiefung und schließlich Anregungen zum Gebet. Auf diese Weise ist ein Meditationsbuch für einen Zeitraum von vierzig Tagen entstanden. Wer sich darauf einlässt, geht bei Bonhoeffer in die Schule, um mit ihm gemeinsam Jesus nachzufolgen.

Leipzig, im November 2017
Peter Zimmerling

Einleitung

Dietrich Bonhoeffer (1906–1945), evangelischer Pfarrer und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, ist einer der großen Propheten unserer Zeit. Wenn man sich mit dem beschäftigt, was er gesagt oder geschrieben hat, dann hat man unweigerlich den Eindruck, dass er vieles in der Tiefe gesehen und ausgesprochen hat, was auch heute wegweisend ist für unser persönliches Leben und den Weg der Kirche.

Dabei ist die Lektüre Bonhoeffers keine leichte Kost. Zum einen ist das, was er schreibt, stilistisch manchmal nicht ganz einfach zu fassen. Trotz der vorgenommenen Textauswahl wird man vermutlich manches mehr als einmal lesen müssen, um zu verstehen, was gemeint ist. Zum anderen sind seine Gedanken auch inhaltlich oft sperrig oder unbequem. Sie fordern uns heraus. Wenn wir in sie eintauchen, dann finden wir nicht nur ein paar nette Sätze, die uns guttun, sondern auch vieles, woran man kräftig zu beißen hat. Meine Erfahrung ist aber, dass es sich lohnt, Bonhoeffer zu lesen und länger über das Gelesene nachzudenken.

Das vorliegende Büchlein will Ihnen dabei helfen, seine Worte im Zusammenhang mit entsprechenden Bibeltexten zu meditieren.

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Lesen Sie den Bonhoeffer-Text, am besten mehrmals.

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Der kurze Bibeltext vertieft das von Bonhoeffer Gesagte.

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Gönnen Sie sich anschließend eine Zeit der Stille, um die gelesenen Texte auf sich wirken zu lassen. Wo sind sie im Bonhoeffer-Text „hängen“ geblieben? Was hat Sie angesprochen? Was liegt Ihnen „quer im Magen“? Wo verstehen Sie etwas nicht? Wo haben Sie den Eindruck, dass Gott Ihnen persönlich etwas sagen möchte? Vielleicht möchten Sie ja Ihre Gedanken auch schriftlich festhalten.

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Die begleitende Erläuterung soll Ihnen dann dabei helfen, die jeweiligen Texte im Kontext von Bonhoeffers Zeit und Leben besser zu verstehen.

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Anschließende Fragen laden zum Weiterdenken ein.

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Anregungen zum Gebet beenden dann jede Tageseinheit und laden zu einer eigenen Gebetszeit ein.

Wenn Ihnen das Leben und das Werk von Dietrich Bonhoeffer noch nicht so vertraut sind, können Sie auf der Website des Brunnen Verlages zwei Aufsätze von Peter Zimmerling herunterladen: Dietrich Bonhoeffer – Leben und Werk, der einen kurzen Überblick über das Leben Bonhoeffers gibt, und Stationen auf dem Weg zur Freiheit: Dietrich Bonhoeffers Werk, der Sie in das theologische und literarische Lebenswerk Bonhoeffers einführt. Die Links bzw. QR-Codes für Ihr Tablet oder Smartphone finden Sie im Impressum dieses Buchs.

Die Zuspitzung auf das persönliche Glaubensleben soll nicht verdecken, dass Bonhoeffer gewiss kein Freund von religiösem Individualismus war. Er hat stattdessen immer den Glauben in der Gemeinschaft der Kirche betont. Gerade dies scheint mir für unsere postmoderne Zeit wichtig und wegweisend zu sein.

Mit der Veröffentlichung dieses Buches ist die Hoffnung verbunden, dass es Interesse weckt und Lust macht, sich auch weiter mit Bonhoeffer und seinen wegweisenden Gedanken zu beschäftigen. Die vom Brunnen Verlag neu herausgegebenen Bonhoeffer-Bücher „Schöpfung und Fall“, „Nachfolge“, „Gemeinsames Leben“ und „Das Gebetbuch der Bibel“ laden dazu förmlich ein. Auf diese vier Werke, die zwischen 1933 und 1940 erschienen sind, bezieht sich auch ein großer Teil der ausgewählten Texte. Dazu kommen bekanntere Passagen aus „Widerstand und Ergebung“, seinen Briefen und Aufzeichnungen aus der Haft.

Ich danke den Mitarbeitern des Brunnen Verlages, namentlich dem theologischen Lektor Herrn Uwe Bertelmann, für die Initiative und alle Unterstützung, die zum Erscheinen dieses Buches beigetragen haben.

Ich widme es in großer Dankbarkeit für alle geistliche Weggemeinschaft und Ermutigung den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ev.-Luth. Kirchgemeinden Mülsen und Burgstädt.

Tag 1

Christ sein

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„Christ ist der Mensch, der sein Heil, seine Rettung, seine Gerechtigkeit nicht mehr bei sich selbst sucht, sondern bei Jesus Christus allein. Er weiß, Gottes Wort in Jesus Christus spricht ihn schuldig, auch wenn er nichts von eigener Schuld spürt, und Gottes Wort in Jesus Christus spricht ihn frei und gerecht, auch wenn er nichts von eigener Gerechtigkeit fühlt. Der Christ lebt nicht mehr aus sich selbst, aus seiner eigenen Anklage und seiner eigenen Rechtfertigung, sondern aus Gottes Anklage und Gottes Rechtfertigung. Er lebt ganz aus Gottes Wort über ihn, in der gläubigen Unterwerfung unter Gottes Urteil, ob es ihn schuldig oder ob es ihn gerecht spricht. […] Der Christ lebt ganz von der Wahrheit des Wortes Gottes in Jesus Christus. Wird er gefragt: Wo ist dein Heil, deine Seligkeit, deine Gerechtigkeit?, so kann er niemals auf sich selbst zeigen, sondern er weist auf das Wort Gottes in Jesus Christus, das ihm Heil, Seligkeit, Gerechtigkeit zuspricht. Nach diesem Worte hält er Ausschau, wo er nur kann. […] Nur von außen kann es kommen. In sich selbst ist er arm und tot. “

(Gemeinsames Leben S. 33f – DBW 5,18f)

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„Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben.“ (Gal 2,20)

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Wer ist ein Christ? Was macht einen Menschen zum Christen? Ist es die Taufe, das Zahlen von Kirchensteuer oder Mitgliedsbeitrag, der Versuch eines moralisch anständigen Lebens, der regelmäßige Besuch von Gottesdiensten, das Ja zu bestimmten Überzeugungen? Diese Dinge mögen alle wichtig sein. Entscheidend ist aber, dass ein Christ „außer sich“ lebt – in einer Abhängigkeit und einer engen Beziehung zu Jesus, dem Christus. Nicht nur hier orientiert sich Bonhoeffer ganz eng an den Entdeckungen von Martin Luther: Ein Christ versucht nicht, sich aus sich selbst zu verbessern oder zu erlösen, sondern erwartet alles von Gott her.

Jesus Christus, das lebendige Wort Gottes, spricht einen Menschen schuldig und überführt ihn seiner Sünde. Aber derselbe Jesus Christus spricht einen Menschen auch frei und gerecht, wenn er seine Sünde bekennt und um Vergebung bittet. Martin Luther hat das in die Begriffe „Gesetz“ und „Evangelium“ gefasst: Das, was Gott von uns will, begegnet uns zum einen als überführender Anspruch und zeigt uns, dass wir nicht so sind, wie wir in Gottes Augen eigentlich sein sollten. Zum anderen ist da aber auch der tröstende Zuspruch – Gott spricht uns frei und gerecht, wenn wir uns bewusst werden, dass wir ohne ihn „arm und tot“ sind. In seinem Buch „Nachfolge“ wird Bonhoeffer später viel vom „konkreten Gebot“ reden, in dem Gottes Wille einem Menschen in einer spezifischen Situation zugleich fordernd und liebevoll begegnet. Christsein gleicht so immer auch einer Kapitulation: Ich erkenne an, dass Gott eben Gott und der Bezugspunkt meines Lebens ist und nicht ich selbst. Ein Christ betreibt nach Bonhoeffer also kein Selbstverwirklichungsprogramm, sondern er macht seinen Lebensanker fest an Jesus Christus, der von außen her („extra nos“) durch sein Wort zu ihm spricht.

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»Fragen Menschen heute noch nach „Heil“, „Rettung“ und „Gerechtigkeit“?

»Was bedeutet es praktisch, dass Christen all das bei Jesus finden?

»Hat Jesus mich schon einmal von mir bewusster Schuld freigesprochen?

»Lebe ich gern in einer Beziehung zu Jesus?

»Stecke ich drin im „religiösen Stress“ oder lebe ich aus Gottes Zuwendung?

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»Ich danke für Jesus, den Christus, der mich zum Christen macht.

»Ich danke für die Vergebung meiner Sünden und die Gabe des ewigen Lebens.

»Ich bitte für Menschen, denen es schwerfällt, auf Gott zu vertrauen.

»Ich bitte, dass Gott mir zeigt, was es für mich persönlich heißt, alles von Christus zu erwarten.

Tag 2

Schöpfung

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„Dass Gott sein Werk ansieht und sein Wohlgefallen an ihm hat, weil es gut ist, das heißt, dass Gott sein Werk liebt und darum erhalten will. Schaffen und Erhalten, das sind zwei Seiten des einen Tuns Gottes; es kann ja nicht anders sein, als dass das Werk Gottes gut ist und dass er das Werk nicht verwirft, vernichtet, sondern liebt und erhält. Im Blicke Gottes kommt sein Werk zur Ruhe, vernimmt es sein Wohlgefallen. Der Blick Gottes bewahrt die Welt vor dem Zurückstürzen ins Nichts, vor der gänzlichen Vernichtung. Der Blick Gottes sieht die Welt als gute, als geschaffene – auch wo sie gefallene Welt ist –, und um des Blickes Gottes willen, mit dem er sein Werk umfängt und nicht lässt, leben wir. Dass Gottes Werk gut ist, heißt keinesfalls, dass sie die beste aller denkbaren Welten ist, sondern es heißt, dass sie ganz vor Gott lebt, dass sie von ihm her und auf ihn hin lebt und dass er ihr Herr ist. […] Dass das Getane, der Zustand, die Verleiblichung des Willens, dass die Welt gut ist, dass Gottes Reich auf Erden sei, dass sein Wille auf der Erde geschehe, Tat werde, darum geht es in der ganzen Bibel. Weil die Welt Gottes ist, darum ist sie gut. Gott will eine gute Welt, ein gutes Werk, er, der Schöpfer und Herr der Welt ist! Die Flucht aus dem geschaffenen Werk in den leiblosen Geist, in die Gesinnung ist untersagt. Gott will sein Werk ansehen, lieben, gut nennen und erhalten.“

(Schöpfung und Fall S. 43f – DBW 3,42f)

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„HERR, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter. […] Die Herrlichkeit des HERRN bleibe ewiglich, der HERR freue sich seiner Werke! Er schaut die Erde an, so bebt sie; er rührt die Berge an, so rauchen sie. Ich will dem HERRN singen mein Leben lang und meinem Gott loben, solange ich bin.“ (Ps 104,24.31-33)

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Der Blick, mit dem man etwas ansieht – ob grundsätzlich wohlwollend oder kritisch –, ist entscheidend. Auch in Bezug auf unsere Welt. Verstehen wir sie als Schöpfung, dann ist natürlich vor allem der Blick des Schöpfers interessant.

Bonhoeffer betont hier, dass Gott sowohl der Schöpfer als auch der Erhalter seiner Welt ist. Auch das Zweite ist wichtig, weil so deutlich wird, dass Gott diese Welt eben nicht aufgegeben und sich selbst überlassen hat. Gott beteiligt den Menschen sogar in begrenztem Maß an seinem Wirken, indem er ihm Kreativität schenkt und Verantwortung überträgt. Bonhoeffer betont, dass Gottes Blick auf sein Werk ein positiver und (entgegen Vorstellungen aus der griechischen Gnosis) dass seine Schöpfung gut ist, auch wenn sie durch den Einfluss der Sünde in Mitleidenschaft gezogen wird.

Die Schöpfung gibt uns Hinweise auf die Güte des Schöpfers – und es ist angemessen, dass wir dankbar dafür sind. Dazu kommt die Mit-Verantwortung: Wenn Gott eine Schöpfung liebt, dann kann sie uns nicht gleichgültig sein. Dann sollen wir sie achten, gestalten und Gott im „Buch der Natur“ begegnen. Gottes Ordnungen, ein schöpferisches Wort und sein wohlwollender Blick bewahren die geschaffene und geliebte Welt vor dem Rückfall ins Chaos, ins Tohuwabohu (1Mo 1,2). Schöpfung bedeutet: Diese Welt ist von Gott geschaffen und von Anfang an und dauerhaft auf ihn hin bezogen. Gott spricht und sieht uns mitsamt seiner Schöpfung an – dieses Sprechen und Sehen sind wahrnehmende Handlungen, die Beziehung und Wertschätzung ausdrücken: Die menschliche Mit-Verantwortung für die geschaffene Welt lässt keine Flucht aus der materiellen in eine rein geistliche Welt zu. Bonhoeffer betont, dass es bei Gott und Mensch nie nur um den guten Willen geht, sondern auch um das konkrete Tun, um die Umsetzung des Willens in der Schöpfung und bei den Geschöpfen. Im Auftrag Gottes sind wir in seiner Gegenwart berufen zum Staunen, Bebauen und Bewahren.

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»Welchen Blick habe ich auf die Welt? Wie denke und rede ich über sie? Wie gehe ich mit ihren Ressourcen um? Ist sie für mich gute Schöpfung Gottes?

»Kann ich dem Schöpfer und Erhalter dankbar sein für sein Werk?

»Wo werden zerstörerische Einflüsse sichtbar? Was kann ich dagegen tun?

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»Ich danke für Gottes Schöpfung und die Ordnung, die er in sie hinein gelegt hat.

»Ich bitte um einen liebevollen, wertschätzenden Blick auf unsere Mit-Welt.

»Ich bitte um einen verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen der Schöpfung.

»Ich bitte um Gottes Eingreifen gegen alles, was seine gute Welt zerstören will.

Tag 3

Sünde

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„Was ist geschehen? Zunächst dies: Die Mitte ist betreten, die Grenze ist überschritten, nun steht der Mensch in der Mitte, nun ist er ohne Grenze. Dass er in der Mitte steht, heißt, dass er nun aus sich selbst lebt und nicht mehr aus der Mitte heraus, dass er grenzenlos ist, heißt, dass er allein ist. […] Nun lebt er aus sich selbst, nun schafft er sein Leben selbst, ist er sein eigener Schöpfer, bedarf des Schöpfers nicht mehr, ist er selbst Schöpfer geworden, sofern er sein eigenes Leben schafft. Damit ist seine Geschöpflichkeit für ihn erledigt, zerstört. […] Weil aber der Fall des Menschen in der Schöpfung Gottes sowohl unbegreiflich wie endgültig-unentschuldbar ist, darum erschöpft hier das Wort Ungehorsam nicht den Sachverhalt. Es ist die Empörung, es ist das Heraustreten des Geschöpfes aus seiner ihm allein möglichen Haltung, es ist das Schöpferwerden des Geschöpfes, es ist die Zerstörung der Geschöpflichkeit, es ist der Abfall, der Sturz aus dem Gehaltensein in der Geschöpflichkeit, und es ist dieser Abfall als ein dauerndes Fallen, Stürzen ins Bodenlose, ein Losgelassensein, ein immer weiter und tiefer sich entfernen. Und es ist eben in all dem nicht einfach ein ethischer Fehltritt, sondern es ist die Zerstörung der Schöpfung durch das Geschöpf. D. h., das Ausmaß dieses Falles ergreift die ganze geschaffene Welt, der nunmehr die Geschöpflichkeit geraubt ist, indem sie wie ein Meteor, der sich vom Kern losgerissen hat, in den unendlichen Raum blindlings hineinstürzt.“

(Schöpfung und Fall S. 100.105 – DBW 3,107.112)

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